Dienstag, 18. September 2007

Wie die deutsche Empörungsmaschine funktioniert, was ein »Einzelfall« ist, und wie uns Eva Herman aus der Peinlichkeit half

Wunder-Apparat

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel, Preussische Allgemeine

Das ist ja gerade noch mal gutgegangen. Für Messerattacken wie jene auf den Rabbiner in Frankfurter haben die Empörungsbeauftragten von Bund und Ländern, Parteien und Verbänden im Grunde ein festes Reaktions-Schema im Ärmel. Im Fall Mügeln hatten sie es gerade erst wieder erprobt: Beschämung, Empörung und die öffentliche Bestrafung all der Leute, die es wagen, von „Einzelfall“ zu sprechen oder vom Ausdruck eines „allgemeinen Gewaltproblems“.

Kurz bevor die Berufenen nach dem Frankfurter Überfall zu ihren Mikrophonen gelangten, stellte sich jedoch heraus, daß der hinterhältige Überfall gar nicht ins Schema paßt. Fangen wir mit den Nebensächlichkeiten an: Im Unterschied zu Mügeln ist völlig klar, wer den Streit begonnen hat. Der Rabbi war seelenruhig auf dem Weg in die Synagoge, als er plötzlich niedergestochen wurde. Selbstverständlich hatte – im Gegensatz zu den Opfern in dem sächsischen Städtchen – der Geistliche auch nicht mit einer abgeschlagenen Flasche um sich gestochen, bevor ihn die Klinge traf.

Aber das ist, wie gesagt, nicht wichtig. Entscheidend ist vielmehr: Der Täter von Frankfurt ist offenkundig der falsche, nicht deutsch genug. Das haben alle auf Anhieb begriffen. Nur ausgerechnet Charlotte Knobloch nicht: Der Vorsitzenden des Zentralrats ist es unbegreiflicherweise völlig egal, ob ein Deutscher oder ein „südländisch“ aussehender Gewalttäter antijüdische Parolen brüllend auf einen Rabbiner losgeht.

Sie verhält sich damit ziemlich unprofessionell, und ihre Bemerkung über die „No-go-Areas“ im Westen hätte fast eine unverantwortliche Debatte ausgelöst. In allen möglichen Internetforen, die nicht rechtzeitig abgeschaltet werden konnten, fiel den Deutschen gleich eine ganze Palette solcher „unbegehbarer“ Zonen in unseren Großstädten ein. Die Diskussion geriet vorübergehend fast außer Kontrolle.

Doch die Besonnenen brachten schnell wieder Ordnung in die Sache, indem sie Knoblochs Ausrutscher einfach übergingen. Ihr Stellvertreter Salomon Korn, der auch Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt ist, beeilte sich, den Vorfall als „Einzeltat“ abzuheften, als „Ausnahmefall, der sich hoffentlich nicht wiederholt“. Er hoffe auf Rückkehr von „Normalität und Unbeschwertheit“. Das jüdische Opfer sei ohnehin „glimpflich davongekommen“.

Donnerwetter, der hat’s drauf: Vor nicht allzu langer Zeit war moralisch erledigt, wer zum Leben der deutschen Juden heute Wörter wie „Normalität“ oder gar „Unbeschwertheit“ in dem Mund nahm. Ausgerechnet nach der Messerstecherei geht das plötzlich. Und: Der Mügelner Bürgermeister Deuse wird sich von dem Makel nie wieder befreien können, den er sich eingefangen hat, als er hinsichtlich der heimatlichen Schlägerei von einem „Einzelfall“ sprach. Und wäre dem so was wie „glimpflich“ über die Lippen gehuscht … du liebe Zeit, dem hätten wir eingeheizt!

Erstaunlich, wie exakt die Dinge auseinandergehalten werden, je nach ethnischer Zugehörigkeit der Verdächtigen. Man kann es nur bewundern: Die deutsche Empörungsmaschine funktioniert so präzise wie ein Schweizer Uhrwerk und ist dabei belastbar wie Kruppstahl. Wie von Geisterhand bedient rast der Apparat in einem Moment noch auf höchster Drehzahl, um schon eine Sekunde später völlig stillzustehen. Kein herkömmliches Getriebe hielte dem stand.

Dabei wird die Maschine von Hunderten, ja Tausenden von Leuten bedient, dennoch alle wissen gleichzeitig, wann sie „Ein“ oder „Aus“ drücken müssen. Mutmaßliche Täter deutsch: „Ein“, mutmaßliche Täter irgend etwas anderes: „Aus“. Nur Charlotte Knobloch hat das noch nicht richtig begriffen. Aber die lernt das hoffentlich mit der Zeit. Ansonsten wußten alle von Angela Merkel bis Claudia Roth, daß Frankfurt im Unterschied zu Mügeln weder ihre „Beschämung“ noch ihre „Empörung“ wert war.

Nur notorische Konsensverletzer fragen hinterhältig nach: Wenn weder Frau Merkel noch Frau Roth wegen des Messerstechers beschämt oder empört sind, nur weil er vermutlich „Migrant“ ist, was sagt das über ihr Verhältnis zu unseren Migranten insgesamt aus? Will Merkel nicht die „Kanzlerin aller Menschen in unserem Land“ sein? Warum schämt sie sich dann zwar für mutmaßliche deutsche Täter, nicht aber für solche mit anderer Herkunft? Und gehören laut Claudia Roth nicht alle hier lebenden Völker zu „unserer Gesellschaft“? Warum wählt sie dann so messerscharf aus, über wessen Untaten sie sich empört und über wessen Frevel nicht? Wir könnten jetzt gemein sein und die Rassismusdebatte einmal ganz anders führen. Tun wir aber nicht, schließlich haben wir den Apparat gerade auf „Aus“ geschaltet. Deshalb hat es selbstverständlich auch keine Antifa-Demos durch Frankfurter „No-go“-Migrantenviertel gegeben.

Was die Erklärungsmuster für den islamistischen Terror angeht, haben wir uns eine wunderbare Leichtigkeit zugelegt. Letztlich geht es ja darum, die Schuld des Abendlandes nachzuweisen, welches die Attentäter geradezu zum Bombenlegen zwingt. Ziel muß es sein, der gefährlichen Mär Einhalt zu gebieten, die Morderei habe im Kern irgend etwas mit dem Islam zu tun.

Ursprünglich hatten wir da die „Schere zwischen Arm und Reich“ zur Hand: Die orientalischen Länder werden seit ich weiß nicht wann von uns ausgebeutet, weshalb sich die dortigen Völker aus der Armut gegen uns erheben und uns die tödliche Quittung servieren.

Leider kam dann heraus, daß Osama bin Laden, Mohammed Atta und ihre Freunde besser betucht und gebildet waren als die meisten ihrer Opfer. Dumme Sache. Aber macht nichts: Da blieb ja noch die „jahrhundertelange Demütigung der orientalischen Völker durch die westlichen Kolonialmächte“, unter die auch Deutschland zu zählen ist, obschon es in der Region nie einen Quadratmeter besessen hat. Diese Demütigung quält die Nachfahren der einst Unterdrückten bis heute, wofür die sich nun rächen wollen, ob sie arm sind oder reich.

Klingt doch schlüssig, oder? Ja, fast, bis nun verhinderte Attentäter namens Fritz G. und Daniel S. verhaftet wurden, deren Vorfahren nicht orientalischer sind als die eines märkischen Milchbauern. Also ist es doch ein religiöser Antrieb, der zum Quell der Mordlust gereift ist? So eine Erklärung geht nicht, die wäre nämlich diskriminierend.

Also bleibt uns nichts anderes übrig, als abrupt das Thema zu wechseln. Was soll’s auch, längst haben wir uns daran gewöhnt, unsere als hohl entlarvten Erklärungsmuster wegzuschmeißen wie leergefressene Chipstüten. Stört niemanden mehr.

Und wenn gerade keine neue Tüte zur Hand ist, dann kann man ja auch einfach mal gar nichts sagen – wie zu Frankfurt. Ganz unproblematisch ist das allerdings nicht: Die moderne Medienwelt kennt keine Sendepausen mehr wie einst im Mai, es muß immer weitergelabert werden. Besonders, wenn es gilt, die merkwürdige Ruhe zu überdröhnen, die von der stillstehenden Empörungsmaschine ausgeht. Da kam Eva Herman gerade recht.

Für die Maschine ist die Frau und das, was sie von sich gab, zu dürftig. So eine Angelegenheit erledigen wir im Vorbeigehen. Die Instrumente lagen ohnehin lange bereit. In den goldenen 80ern reichte bereits der bloße Hinweis auf Geburtenrückgang und die leiseste Anmahnung von sogenannter „Bevölkerungspolitik“, um ans Mutterkreuz genagelt zu werden. So leicht geht das leider nicht mehr, seitdem jemand den Zusammenhang von demographischer Entwicklung und unseren Renten ans Volk verpetzt hat. Die Herman mit ihrem Familienkram war deshalb nur schwer diffamierbar. Da war es nett, daß sie uns den Nazidolch selbst geliefert hat und nebenbei noch die Frankfurter Stille füllen half mit ihrem heiteren kleinen Ersatz-Aufreger.



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Freitag, 7. September 2007

Mügeln: Wegen Stichen in Rücken auch Randale-Opfer unter Verdacht

Staatsanwalt ermittelt gegen Inder
Mügeln: Wegen Stichen in Rücken auch Randale-Opfer unter Verdacht

MÜGELN - Die Stadtfest-Schlägerei von Mügeln: Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen einen der verletzten Inder.

Plötzlicher Sinneswandel bei den Ermittlern: „Ein 41-jähriger Inder ist Beschuldigter und wir führen ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der schweren Körperverletzung“, sagte Staatsanwalt Ricardo Schulz. Noch am Mittwoch war davon keine Rede, obwohl ein 28-jähriges Opfer der Volksfest-Randale bereits in der ersten Vernehmung nach der Schlägerei Anzeige erstattet und den mutmaßlichen Täter auch identifiziert hatte (Morgenpost berichtete). Er soll dem 28-Jährigen mit einer abgebrochenen Bierflasche mehrfach in den Rücken gestochen haben.

Das sei eine neue Entwicklung des Falls, sagte Schulz. „Wir haben den indischen Festbesucher erst Anfang der Woche vernommen. Er hat sich aber nicht zu den Beschuldigungen geäußert.“ Nun werde weiter ermittelt. Nach wie vor ungeklärt ist auch, wodurch es zu den Gewalttaten auf dem Stadtfest kam. Bereits kurz nach den Randalen waren zwölf Ermittlungsverfahren gegen deutsche Festbesucher eingeleitet worden. Auch hier gibt es noch keine Ergebnisse. Staatsanwalt Schulz wies jegliche Einflussnahme auf die Ermittlungen zurück. „Wir ermitteln ohne Ansehen der Person oder der Nationalität.“


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Mittwoch, 5. September 2007

Eine Hetzjagd hat es nie gegeben

Falls sich jemand wundert, warum die Massenmedien Mügeln von einem Tag zum anderen plötzlich uninteressant finden: Vielleicht ist das hier der Grund?

Staatsanwalt bewertet Angriff auf Inder nicht als Hetzjagd

Leipzig (AFP) — Die Staatsanwaltschaft Leipzig bewertet den Angriff auf acht Inder im sächsischen Mügeln nach der Vernehmung von 125 Zeugen nicht als Hetzjagd. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass vom Festzelt des Stadtfests bis zur schräg gegenüberliegenden Pizzeria eine solche Jagd stattgefunden habe, teilte die Behörde mit. Auch Anhaltspunkte, dass "die Ereignisse insgesamt auf einem geplanten und organisierten rechtsextremistischen Hintergrund beruhten, haben sich nicht ergeben". Unterdessen begrüßte FDP-Chef Guido Westerwelle die jüngste Klarstellung des Mügelner Bürgermeisters Gotthard Deuse (FDP) zu dessen umstrittenen Äußerungen über den Vorfall.

Deuse habe deutlich gemacht, "dass es nichts zu verharmlosen gibt", sagte Westerwelle der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Deuses Klarstellung könne jedermann nachlesen. "Das war notwendig und das begrüße ich", erklärte der Parteichef.

Zuvor hatte Deuse der "Leipziger Volkszeitung" gesagt: "Ich bin überhaupt nicht stolz darauf, was in Mügeln passiert ist, und es gibt nichts zu verharmlosen." Er sei "gegen jede Form von Gewalt und gegen jede Form von Ausländerfeindlichkeit." Deuse relativierte damit seine umstrittenen Aussagen, die er gegenüber der rechtskonservativen Zeitung "Junge Freiheit" gemacht hatte. Rechtsextremismus als Motiv für die Hetzjagd in seiner Stadt hatte er dabei ausgeschlossen. Er sei stolz, Deutscher zu sein, hatte Deuse gesagt, und war dafür auch von der FDP kritisiert worden.

Das in Leipzig laufende Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch, Volksverhetzung und gefährlicher Körperverletzung wurde derweil auf zwölf Männer ausgeweitet. Dabei handelt es sich um aus Mügeln und Umgebung stammende Verdächtige im Alter von 17 bis 35 Jahren. Von diesen sei nach dem bisherigen Erkenntnisstand keiner wegen rechtsextremistischer Straftaten vorbestraft. Die Suche nach weiteren Verdächtigen werde mit Hochdruck fortgeführt.



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