Donnerstag, 30. August 2007

Mohammed, karikiert

Schweden

Mohammed, karikiert

Von Siegfried Thielbeer, Kopenhagen

Die Zeitung "Nerikes Allehanda" druckte die Bilder
30. August 2007 Auch Schweden droht nun eine Karikaturenkrise ähnlich der, die Anfang 2006 Dänemark wegen der Mohammed-Karikaturen traf. Auch der Anlass ist ähnlich: Mehrere schwedische Museen hatten sich aufgrund von „Sicherheitsrisiken“ geweigert, Zeichnungen des Künstlers Lars Vilk auszustellen, darunter Karikaturen, die Mohammed als Hund zeigen. Die Sicherheit des Personals und der Besucher, hieß es, könne ansonsten nicht mehr garantiert werden.

Über diese vorauseilende Selbstzensur empörten sich liberale Zeitungen und druckten die Zeichnungen, darunter Schwedens auflagenstärkstes Qualitätsblatt „Dagens Nyheter“ sowie die Boulevardzeitungen „Expressen“ und „Aftonbladet“. Zudem veröffentlichte die in Örebro erscheinende „Nerikes Allehanda“ am 19. August eine Zeichnung von Vilk, die Mohammed als Hundedenkmal in der Mitte eines Kreisverkehrs zeigt. Das Blatt illustrierte damit seinen Leitartikel zur Meinungsfreiheit.

Erregte Debatte

In Schweden brach, nicht nur unter Kunstkritikern, eine erregte Debatte los. Waren die Zeichnungen etwa ästhetisch schwach und auch deshalb eine ganz unnötige Provokation der Muslime? Sollte man alles tun, was man tun dürfe? Zielte der Provokateur Vilk vielleicht auf die Verlogenheit der Kunst- und Kulturszene und hatte gar nicht die Absicht, Mohammed zu treffen? Vilk seinerseits provozierte weiter, legte neue Zeichnungen vor, in denen er antisemitische Klischees bediente und auch nicht davor zurückscheute, Jesus zu karikieren.

Im schwedischen Reichstag stellte die liberale Volkspartei eine Anfrage an die Regierung, wie sie im Zusammenhang mit der Hundezeichnung zur Kunstfreiheit stehe - und wie sie die Sicherheit von Institutionen garantieren wolle, die kontroverse Kunst ausstellten. Die Reichstagsabgeordnete Cecilia Wikström, zugleich stellvertretende Vorsitzende des Kulturausschusses, argumentierte, seit der Publikation der Karikaturen in der dänischen Zeitung „Jyllands-Posten“ seien Selbstzensur und Rücksichtnahme übertrieben worden, zugleich erinnerte sie an die Absage der Idomeneo-Aufführung in Berlin. Vilk selbst meinte, die Argumente der Museen seien maßlos übertrieben, wenn nicht gar frei erfunden.

Iran protestiert

Ähnlich wie in Dänemark haben sich nun mit einiger Verspätung muslimische Organisationen zu Wort gemeldet. Hatte anfangs noch eine ihrer schwedischen Gruppen großzügig angeboten, selbst die Zeichnungen Vilks auszustellen, so gehen jetzt muslimische Demonstranten auf die Straße und protestieren, zumal in Örebro, gegen die Verhöhnung Mohammeds. Weitere Demonstrationen wurden für den kommenden Freitag angekündigt. Am vergangenen Montag nahm sich Iran offiziell des Themas an und protestierte bei der schwedischen Regierung. Das schwedische Außenministerium bestätigte am Dienstag, dass eine Botschaftsvertreterin in das Teheraner Außenministerium einbestellt worden sei, um den Protest entgegenzunehmen. Die Reaktion des schwedischen Außenministeriums war kühl. In Schweden herrsche Pressefreiheit, also wolle sich die Regierung in den Fall nicht einmischen. Von Übergriffen auf diplomatische Einrichtungen Schwedens in Iran sei nichts bekannt.

Irans Präsident Mahmud Ahmadineschad erklärte am Dienstag, die Karikatur könne die bilateralen Beziehungen nicht beeinträchtigen. Er sprach vom „dummen Fehler einer unbedeutenden Zeitung“. Die Angelegenheit solle nicht überbewertet werden. Der Präsident sah hinter der Publikation eine Verschwörung der Zionisten, die verhindern wollten, dass es zwischen Iran und Schweden gute Beziehungen gebe.

Ulf Johansson, der Chefredakteur von „Nerikes Allehanda“, bedauerte die Publikation nicht. Die meisten Leser, erklärte er, hätten Unterstützung bekundet, auch wenn es einige gebe, die ihn persönlich zur Hölle wünschten. Etwas verblüfft sei er darüber, dass just seine Zeitung in den Mittelpunkt der Debatte gerückt sei, obwohl auch größere Blätter die Karikaturen gedruckt hätten. Aber das liege wohl daran, dass die Proteste in Örebro stattgefunden hätten.

Text: F.A.Z., 30.08.2007, Nr. 201 / Seite 38

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